Anti-Ableismus

Anti-Ableismus bezieht sich auf den aktiven Widerstand gegen Behindertenfeindlichkeit und die Praxen, Haltungen und Strukturen zur Aufrechterhaltung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Dazu gehört auch die Verpflichtung, die systembedingten Hindernisse, mit denen sie konfrontiert sind, zu erkennen und zu beseitigen, für ihre Rechte einzutreten und Inklusivität und Gleichstellung zu fördern. Anti-Ableismus zielt darauf ab, die sozialen, kulturellen und institutionellen Mechanismen abzubauen, die gesunde Menschen privilegieren und Menschen mit Behinderungen marginalisieren.
Anti-Ableismus steht auch im Einklang mit den Grundsätzen der Crip-Theorie, einem kritischen Rahmen, der normative Annahmen über Behinderung und Körper in Frage stellt. Sie kritisiert die gesellschaftlichen Erwartungen an die „Normalität“ und feiert die Behinderung als einen Ort kultureller, politischer und persönlicher Bedeutung.¹ Durch Einbeziehen der Crip-Theorie geht der Anti-Ableismus über die bloße Anpassung an Behinderungen hinaus und stellt die Systeme und Ideologien, die ableistische Normen durchsetzen, aktiv in Frage und strukturiert sie um. Die Crip-Theorie plädiert für eine Neudefinition der gesellschaftlichen Werte, wobei sie die gegenseitige Abhängigkeit, die Zugänglichkeit und das Zelebrieren diverser Körper betont.
La Escocesa hat in Zusammenarbeit mit den Kunstschaffenden Hac Vinent und Tatiana Antoni Conesa eine Reihe konkreter Maßnahmen für Barrierefreiheit entwickelt und seine Mitarbeiter:innen geschult, um sicherzustellen, dass sie umgesetzt werden können. Dieser Prozess brachte signifikante Änderungen für die Institution sowie darüber hinaus und förderte ein Umdenken in Bezug auf Teilhabe und Diversität in der Kunst. Die Maßnahmen verdeutlichen, wie wichtig es ist, das Tempo zu drosseln, eine verständliche Sprache zu verwenden und für öffentliche Aktivitäten flexible Beteiligungsmethoden zu integrieren. Außerdem betont er die Notwendigkeit einer proaktiven Planung, wie z. B. die Bereitstellung von Formularen für die Beantragung von Barrierefreiheit, die Gewährleistung einer klaren Kommunikation und die Förderung kollektiver Betreuungspraxen.
Wenn die Teilhabe an kulturellen Räumen derzeit ein Privileg ist, dann müssen wir uns Folgendes fragen: Wer wird ausgeschlossen, und warum? Barrierefreiheit sollte die Norm sein und kein Sonderwunsch. Bei echter Barrierefreiheit geht es nicht nur um Rampen und Dolmetscher:innen. Die Schaffung barrierefreier Räume erfordert nicht nur ein Überdenken der Inhalte, der Programmgestaltung und der institutionellen Ansätze zur Integration, sondern auch deren Umsetzung in die Praxis.
Einige Überlegungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit von Aktivitäten:²
- Verwenden Sie in allen Kommunikationsmaterialien und während der gesamten Aktivität eine klare und einfache Sprache und vermeiden Sie akademischen Jargon, um sicherzustellen, dass die verschiedenen gesellschaftlichen Wirklichkeiten berücksichtigt werden.
- Vermeiden Sie vorgefasste Annahmen. Viele einfache Maßnahmen für Barrierefreiheit werden übersehen, weil wir davon ausgehen, dass alle Körper und Bedürfnisse einer einzigen Norm entsprechen.
- Stellen Sie ein Formular zur Verfügung, in dem die Teilnehmer:innen vor einem Besuch oder einer Aktivität spezielle Anforderungen an die Barrierefreiheit angeben können, damit notwendige Anpassungen erfolgen können. Wenn keine Anmeldung erforderlich ist, sollte in den Kommunikationsmaterialien der Veranstaltung eine E-Mail-Adresse angegeben werden, damit die Teilnehmer:innen das Team kontaktieren können.
- Stellen Sie die Aktivität vor und erklären Sie ihre Struktur, damit die Teilnehmer:innen sich persönliche Grenzen setzen und entscheiden können, inwieweit sie sich engagieren möchten. Für Personen, die sich mit dem Raum vertraut machen oder die anstehende Dynamik besprechen möchten, kann ein Treffen vor der Veranstaltung angeboten werden.
- Entwerfen Sie Aktivitäten mit flexiblen Teilnahmelevels, die es den Teilnehmer:innen ermöglichen, sich auf unterschiedliche Weise zu beteiligen. Bleiben Sie offen für eine Änderung der Struktur, um die Teilnahme zu gewährleisten.
- Bieten Sie die Möglichkeit, sich vor Beginn der Aktivität an die Gruppe zu wenden, falls eine Person ihre Situation erklären möchte. Bei Bedarf sollte Unterstützung geleistet werden.
- Ermöglichen Sie eine respektvolle und inklusive Gruppendynamik und stellen Sie sicher, dass alle Anforderungen an die Barrierefreiheit beachtet werden. Leisten Sie bei Bedarf zusätzliche Unterstützung durch eigens dafür zuständige Mitarbeiter:innen.
- Vermeiden Sie Infantilisierung, Überfürsorglichkeit und Mitleid. Behandeln Sie Erwachsene auch als Erwachsene. Wenn Sie z. B. mit einer gehörlosen Person und ihrer Dolmetscherin sprechen oder wenn jemand von einem persönlichen Assistenten begleitet wird, sprechen Sie die Person direkt an, nicht die Begleitperson.
- Fragen Sie immer nach, wenn Sie sich unsicher sind, wie Sie Hilfe leisten oder bestimmte Bedürfnisse erfüllen können.
- In allen Werbematerialien sollten die verfügbaren Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit deutlich ausgewiesen sein. Da die meisten Aktivitäten nicht von vornherein barrierefrei sind, können Personen mit Funktionsvielfalt nicht davon ausgehen, dass sie inklusiv sind, es sei denn, dies wird ausdrücklich erwähnt.
- Beschreiben Sie die in den sozialen Medien geposteten Bilder. Dazu kann die Funktion „Alt-Text“ genutzt oder eine schriftliche Beschreibung in den Beitrag eingefügt werden.
- Stellen Sie Untertitel und/oder Audiobeschreibungen für Videos zur Verfügung, die online gestellt oder während einer Aktivität gezeigt werden.
- Weisen Sie mit Warnungen auf potenziell bedrohliche Inhalte hin, so dass jede einzelne Person in Kenntnis der Sachlage entscheiden kann, ob sie sich diesen aussetzt.
Einige Beispiele für Maßnahmen zur Barrierefreiheit für Institutionen und Aktivitäten:
- Zufahrtsrampen
- geräumige Aufzüge (wenn das Gebäude mehrstöckig ist)
- breite, befahrbare Flure
- barrierefreie Toiletten
- Sitzgelegenheiten mit Rückenlehnen
- Gebärdensprachdolmetscher:in und Platz zum Lippenlesen (reservierte Plätze in der Nähe der Redner:innen)
- Live-Untertitelung und Videos mit Untertiteln
- Audiobeschreibungen für visuelle Inhalte
- gute Tonqualität im Raum
- ausreichende Beleuchtung
- klare und laute Artikulation (ohne Schreien oder übertriebene Aussprache)
- Bereitstellung von Texten im Voraus für Vorträge oder Lesungen
- strukturierte Gesprächsführung mit Moderator:in
- Anpassung von Materialien an digitale und leicht lesbare Formate
- projizierter Text mit hohem Kontrast, großen Schriftarten und Absatzunterteilungen
- taktile oder farbcodierte Indikatoren zur Orientierung
- stille Ruhebereiche
- klare Angaben zu Dauer, Dynamik und erwarteter Teilnehmer:innenzahl der Veranstaltung
- Möglichkeit zur virtuellen Teilnahme
—
¹ Es ist auch wesentlich, die Intersektionalität von Behinderung und Queerness zu erwähnen und zu betonen, wie beides die hegemoniale Strukturen von Macht und Normativität herausfordert. (siehe Robert McRuer, Crip Theory: Cultural Signs of Queerness and Disability). Alison Kafer erweitert dies in ihrem Buch Feminist, Queer, Crip, indem sie ein politisches und relationales Modell von Behinderung vorschlägt, das die Bildung von Koalitionen und soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund stellt.
² Dies ist ein Auszug aus der internen Arbeit und der Praxis, die bei La Escocesa umgesetzt wird. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website: https://laescocesa.org/en/La%20Escocesa/accessibility.